Und Morgen die ganze Welt : Gewaltmanifestation als psychologische Antwort
Estudios Franco-Alemanes 14 (2022), 27-39
4. Triebtheorie von Freud
Sigmunds Freud Triebtheorie Jenseits des Lustprinzips ist und wurde
immer wieder in Frage gestellt, ja sogar stark kritisiert. Allgemein geht
Freud in seiner Triebtheorie von einem dualistischen Prinzip aus, in dem
sich alle Tribe in positiver und negativer Form gegenüberstehen und ein
System bilden. Bei Freud wird der Trieb als „ein Begriff der Abgrenzung des
Seelischen vom Körperlichen“ 5 definiert und wird mit dem Begriff der
Repräsentanz verbunden. Repräsentanz ist als „eine Art Delegation vom
Somatischen ins Seelische“6 zu verstehen. Dieser Triebdualismus führt er im
Jenseits des Lustprinzips ein und stellt Lebens- und Todestrieb einander
gegenüber und verändert die Stellung und die Aufgabe der Triebe in einem
Konflikt. Vor allem wird dem Es eine besondere Rolle zuerkannt, denn in
ihm werden beide Triebarten verortet. So kommt Freud zu dem Schluss,
dass „die Kräfte, die wir hinter den Bedürfnisspannungen des Es annehmen,
heißen wir Triebe“7 Allerdings kann auch Freud den Antrieb und die
Herkunft der Triebe an sich nicht erklären, nur ihre scheinbare Verortung
mit einer Akzentverlagerung, so dass er 1932 zu der Erkenntnis gelangt,
dass „die Trieblehre sozusagen unsere Mythologie [ist]. Die Triebe sind
mystische Wesen, großartig in ihrer Unbestimmtheit“8 Die Triebe werden
also in das Reich der Mythologie und somit in die Anthropologie
ausgelagert, da ihre Erklärbarkeit außerhalb der Ratio und Erklärbarkeit
liegen, sie bleiben existent, aber nicht wissenschaftlich erklärbar, was ihren
Ursprung anbelangt.
Nach Freuds letzter Triebtheorie, in der sich der Lebens- und
Todestrieb dualistisch gegenüberstehen, übernimmt der Lebenstrieb neben
den Sexualtrieben auch den Selbsterhaltungstrieb, der bestrebt ist, „immer
größere Einheiten zu schaffen und aufrechtzuerhalten“ (Laplanche, 280). Der
Todestrieb hingegen „strebt nach der vollständigen Aufhebung der
Spannung“ (Laplanche, 4494), was heißt, dass das Lebende in einen
anorganischen Zustand zurückgeführt wird. Die Todestriebe allerdings
5 Sigmund Freud: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, 1905. G.W., V, 67; S.E., VII, 168.
6 J. Laplanche: Das Vokabular der Psychoanalyse. Frankfurt am Main: Suhrkamp Taschenbuch
Wissenschaft, 1972, Bd. 2, 527.
7 Sigmund Freud: Abriß der Psychoanalyse, 1938. G.W., XVII, 70; S.E., XXIII, 148.
8 Sigmund Freud: Neue Folgen der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, 1932.
G.W., XV, 101; S.E., XXII, 95.